Ich mag keine Abschiede. Selbst von Arschloch-Saisons wie 2010/2011 verabschiede ich mich nicht so gern. Denn… Man weiß ja nie, was danach kommt.
Abschiede von Spielern allerdings… puh. Aber Ihr wisst ja längst, daß ich da ein Mädchen bin.
Daß man am Ende einer Saison ein, zwei Spielern Blumen überreicht und sie verabschiedet, ist ja Standard. Weil der HSV aber immer alles noch ein bißchen toppen muß, wurden am Samstag also gleich sieben Spieler verabschiedet.
Der offizielle Abschied – für uns Fans kaum sichtbar, da er an der Seitenlinie stattfand, umringt von Kameras und Fotografen. Und bevor die da richtig fertig waren mit Abschiedsworten und Blumenstrauß, plärrte auch schon eines der üblichen vor-dem-Spiel-Jingles los.
Blöd, emotionslos, unwürdig.
Aber es gab natürlich auch die anderen Momente. Die mit Gänsehaut und Pippi in den Augen. Die, für die mir der Glubberer riet, genug Taschentücher einzupacken.
Seien wir ehrlich: Ich konnte Rost, als er zum letzten Mal zum Warmmachen einlief, nur schwer mit dem üblichen “ROST!” begrüßen. Ich war damit beschäftigt, den Kloß im Hals runterzuschlucken.
Ja, ich weiß, damals, als er zu uns kam, war ich nicht so richtig überzeugt. Um nicht zu sagen: Er hatte es sich gleich zu Beginn bei mir so richtig verscherzt, mit Aussagen wie “Ja und!? Wenn es passiert, dann steigen wir halt ab und gehen in die zweite Liga” – damals, im Januar 2007, als wir ganz unten drin standen und alles wollten außer in die zweite Liga.
Damals wollte ich das, was Rost zum Thema Abstieg sagte, nicht hören. Weil nicht sein kann, was nicht sein darf. Heute weiß ich: Er hat damals nur das getan, wofür ich ihn zuletzt so sehr gemocht habe: Er hat das gesagt, was er denkt.
Es war ein Stotterstart, den Rost und ich da hingelegt haben. Nicht nur wegen diverser Aussagen, die mir aufstießen. Nein, ich fand ihn auch zu alt, damals. Aber okay, ich wollte damals auch Wächter behalten – und der war tatsächlich ne ganze Ecke (5 Jahre) jünger.
Ich weiß nicht mehr, wo der Knoten dann geplatzt ist. Ob es eine bestimmte Parade im Abstiegskampf war, oder ein bestimmtes Interview. Irgendwann hat sich Fäustel, für mich anfangs unbemerkt, in meinem schwarz-weiß-blauen Herz eingenistet. Auch, weil er unbequem war. Ehrlich. Sagt, was er denkt.
Daher fand ich den Abschied Samstag auch verdammt schmerzhaft. Und ich glaube, ich war da nicht die Einzige… Sonst hätten wir kaum nach seinem schnellen Verschwinden minutenlangen gesungen: “WIR! WOLL’N! DEN! TORWART SEH’N!” und “Ohne Torwart geh’n wir nicht nach Haus’!”
Ich hätte ewig mit Rost Ufftas und La Olas machen wollen. Nur, damit er sich nie, nie, nie umdreht, in der Kabine verschwindet und nie wieder für uns aufläuft.
Aber Rost war ja nicht der Einzige, der mir Samstag aus dem Herzen gerissen wurde. Schon lange vor seiner Einwechslung forderten wir Collin Benjamin. Achtmal dröhnte bei seiner Einwechslung sein Name aus den Lautsprechern. Ich habe das nicht gezählt, ich habe es nachgelesen. Ich war damit beschäftigt, seinen Namen zu singen. Jeden seiner Ballkontakte zu feiern. Und mir ab und zu auf die Zunge zu beißen…
Nein, Collo war nie der beste Spieler. Aber er war 10 Jahre einer von uns… und ich glaube, daß er das Herz am rechten Fleck hat. Ich finde es bemerkenswert, wenn ein Spieler, wenn er nicht im Kader ist, mit Kumpels auf die Nordtribüne geht. Ich finde es noch immer bemerkenswert, daß Collo damals seinen Vertrag aufgelöst hat, damit Ailton verpflichtet werden konnte. Ja, Ailton war ein Fehler. Aber darum geht’s ja gar nicht.
Collo ist ne Marke. Und für mich war er so was wie das Mannschafts-Maskottchen. Was braucht man nen Plüschdino, wenn man Collo hat?
Und auch bei ihm hätten Uffta & Co. von mir aus bis nächstes Jahr dauern dürfen – ich würde immer noch da stehen und singen, wenn er dann bleiben würde.
Auch, wenn ich immer sage:
Spieler kommen und gehen – die Raute bleibt bestehen…
Bei manchen Spielern, die gehen, tut es einfach verdammt weh.
Die anderen fünf Abschiede dagegen taten mir weniger weh.
Zé Roberto und Ruud van Nistelrooy – es war toll, die beiden im Trikot meines Vereins sehen zu dürfen. Zu Trochowski hatte ich nie eine nähere Bindung… auch, wenn er ein Hamburger Jung’ ist. Bei Choupo und Torun fand ich es schade, daß sie sich nie richtig durchsetzen konnten – es sind aber keine Spieler, deren Abgang mir wirklich nahegeht.
In diesem Sinne: Tschüss Zé, Ruud, Troche, Choupo und Torun! Danke und alles Gute.
Und vor allem: Tschüss Collo und Fäustel! Kommt bald wieder!
Wer die Bilder klaut, kriegt auf die Finger. Sagt nicht, ich hätte Euch nicht gewarnt.
Und so ganz nebenbei, das darf man bei all den Abschieden nicht vergessen: Willkommen zurück, Romeo Castelen! Es ist unglaublich, daß er sich zurück in den Kader gekämpft hat. Ich freue mich, daß er auch kommende Saison die Raute auf dem Trikot trägt – und hoffe, er bleibt endlich einmal vom Verletzungspech verschont.
Um der Chronistenpflicht zu genügen: Wir spielten übrigens gegen Gladbach, einseins. Den Ausgleich machte Ben-Hatira, nach Ruud-Vorarbeit. Aber eigentlich war all das am Samstag Nebensache.
In diesem Sinne: Tschüss, Saison 2010/2011. Du warst selten nett zu mir.
Tschüss, Ihr alle. Danke, daß Ihr mir ein weiteres Jahr die Treue gehalten habt. Ich hoffe, wir lesen uns spätestens zur neuen Saison alle wieder.
Schließen möchte ich mit einem Zitat des Herrn Schlenzalot, dem ich mich anschließen möchte:
Nächstes Jahr wird dann wieder der HSV Meister. Solange es rechnerisch möglich ist, glaube ich daran.
Glaube, Liebe, Hoffnung.
NUR DER HSV.
Puh.
In der Nachbetrachtung wird der Kloß im Hals wieder dicker.
Wann ist diese Sommerpause endlich zu Ende???
16. Mai. 2011 | #
Trochowski ist kein Hamburger Jung’ – seine Familie zog hierher als er 4 war (Das ist ein Unterschied, damnit!!). Schade, dass er nie konstant so gespielt hat wie z.B. anno dunnemals im UEFA Cup gg. Man City. Er kann’s ja eigentlich…
Was du gar nicht erwähnt hast: Collo meinte irgendwo, er könnte sich nur sehr schwer vorstellen zum Randgruppenverein zu wechseln. Das hat mich dann doch beruhigt. Die Vorstellung Ihn da nächstes Jahr zu sehen gefiel mir gar nicht. Dann lieber zu Paule Beinlich und Hansa Rostock
17. Mai. 2011 | #
Ich habe YouTube-Videos von den Fäustel- und Collo-Abschieden gesehen und selbst dabei stieg das Hochwasser hier beträchtlich Richtung Augenringe. Deine BEschreibungen fand ich sehr treffen, auch wenn das bei Fränkie und mir schnell ging mit dem Warmwerden. Er war ein unglaublicher Rückhalt in dieser Scheißsaison, die erst mit Huub wirklich besser wurde. Hätten wir ihn doch behalten und hätten wir mehr solcher Charakterfiguren im Verein – ach was soll’s…Ich träume…
Collo…
Es gibt da eine Anekdote aus dem HSV-Blog des Abendblattes vom 17.10.2010:
Übrigens, eine nette kleine Geschichte am Rande, wie der Mensch Collin Benjamin „tickt“. Wurde mir kürzlich von meinem lieben Kollegen Lars Pegelow (NDR 90,3) erzählt: Nach dem Spiel in Bremen rief ihn seine Frau (also Frau P.) an und bat darum, dass er noch schnell einige Windeln kaufen müsse. Das in der Nacht von Sonnabend auf Sonntag! Leichter gesagt als getan. Lars P. klapperte kurz vor Mitternacht diverse Möglichkeiten (wie Tankstellen) ab, aber nirgendwo gab es Windeln. Holland in Not! An einer weiteren Tankstelle traf er den gerade tankenden „Collo“. Das „Unternehmen Windeln“ kam zur Sprache, und „Collo“ sagte zu Pegelow: „Ich glaube, wir haben zu Hause die richtige Größe, die ihr benötigt, fahr’ mir mal hinterher.“ Gesagt, getan, Windeln übergeben – das Kind war gerettet, und die Nachtruhe der Familie P. ebenfalls. Ja, so ist er, der Herr Benjamin, einfach ein netter Kerl, unkompliziert, ehrlich, freundlich und hilfsbereit. Er passt einfach.
Mehr braucht man nicht sagen, außer vielleicht: Schön, dass Du da warst Collo – und komme bitte bald in welcher Funktiuon auch immer wieder!
17. Mai. 2011 | #
@Nedfuller Frag mich mal…
Das letzte Spiel ist verbloggt – also von mir aus könnten wir dann…!
@André Wir wollen mal nicht päpstlicher sein als der Papst.
Und was Collo und den St Adtteilverein betrifft – nachdem er ALLE Teile der Uffta mitgemacht hat, kann er sich da eh nimmer blicken lassen…
17. Mai. 2011 | #
Ich war ja gegen Freiburg im Stadion und habe mich da von Fäustel und Collo verabschiedet. Es war schon verdammt seltsam daran zu denken das wir Fäustel nächste Saison (am 5.August geht’s wieder los!) nicht mehr zwischen den Pfosten des HSV stehen sehen werden wie er seine Vorderleute zusammenstaucht. Mir geht’s da wie Dir: zuerst mochte ich ihn nicht, aber zum einen ist er einer, dem man ansieht, das er sich für den Verein für den er spielt immer den Arsch aufreißt und zum anderen ist er auch mal unbequem, aber dabei nie unsachlich. Ein Profi mit Ecken und Kanten, der es sich erlauben kann so zu sein. So jemanden werden wir 2011/12 (höchstwahrscheinlich) nicht im Kader haben.
Und Collo ist irgendwie gefühlte 20 Jahre beim HSV gewesen. Ein kreuzsympathischer Spieler dem man immer die große Karriere gewünscht, diese aber nicht bekommen hat. Ein bißchen wie Basti, findest Du nicht auch?
17. Mai. 2011 | #
@CrazyChemist Ich frage mich, wer nächste Saison mal den Mund aufmachen soll. Da ist dann wohl niemand mehr. Seufz.
Ich glaube, ich wurde damals auch schnell warm mit ihm, schon dadurch, daß er uns so oft den Arsch und nicht zuletzt vor Liga 2 gerettet hat. Ich kann mich nur nicht bewußt erinnern, wann es passierte.
Die Collo-Anekdote kannte ich noch nicht, aber es passt perfekt ins Bild. Unglaublich, dieser Kerl!
@DerTim Der Vergleich mit Basti trifft es sehr gut. Da blutete mir ähnlich das Herz.
Ich glaube, Collo könnte dem Nachwuchs wahnsinnig viel geben. Weil er eben das beste Beispiel dafür ist, was man erreichen kann, wenn man sich durchbeißt. Ich hoffe, unsre Verantwortlichen sehen das ähnlich!
17. Mai. 2011 | #
War ja klar das du das nicht so genau nimmst wer Hamburger ist und wer nicht… Aber irgendjemand muss ja hier die Standards aufrechterhalten :P
(ach ja: nach /der/ Saison wollt ihr noch mehr? Ich bin so froh das diese Qual erstmal vorbei ist…)
17. Mai. 2011 | #
:) Er war übrigens sogar FÜNF, als er nach Hamburg zog. Skandal! Aber wer in der Jugend diverse Hamburger Clubs durchläuft (auch den vom Hafenrand), der ist dann wohl irgendwie doch Fußballhamburger.
Die Saison war Scheiße, keine Frage. Aber kein Fußball ist auch keine Lösung!
17. Mai. 2011 | #
Wer Tempos griffbereit hat, unbedingt das Abschiedsvideo auf HSV.de schauen. Was Collo sagt, ist Gänsehaut pur.
18. Mai. 2011 | #
Das ist SO UNFAIR! Hier gibt es nur diese dünnen Kosmetik-Tücherchen, keine richtigen Tempos!
Anyway: Collo 4ever! Mehr muss man nicht sagen, oder?
18. Mai. 2011 | #
Dir schauen wenigstens nicht 56 999 Leute beim Heulen zu! ;-)
Nein, mit Collo 4ever ist wirklich alles gesagt.
18. Mai. 2011 | #
Ich war eh nur für die Zwei da. Beide hatten einen schönen Abschied verdient.
Einfach klasse, wie bei Collo bei jeder Ballannahme das OOOLÉ! gezogen wurde. Der hatte Herz. Rost auch. Ging mir zwar manchmal auf den Keks. Aber hat ne super Einstellung als Spieler gehabt.
18. Mai. 2011 | #
Pleite: Das nicht – aber meine Frau schaut so dämlich, wenn ich YouTube vollheule ;)
20. Mai. 2011 | #
[...] ach. Vor einem Jahr war’s schlimm, als wir auf einen Schlag sieben Spieler verabschiedet haben. Dieses Jahr waren [...]
29. Apr. 2012 | #