17. Mai. 2007
Was den Fußball betrifft bin ich ja sozusagen von Geburt an erstklassig. In anderen Lebensbereichen möchte ich das jetzt nicht unbedingt behaupten. Bestes Beispiel: Die Deutsche Bahn.
Ich fahre oft Bahn, allerdings immer schön brav Schweineklasse. Und sebst die empfinde ich noch als völig überteuert. Aber egal, irgendwie muß man ja von A nach B kommen.
Neulich flatterte mir dann mit einer Bahncard-Promo-Aktion ein kostenloses Upgrade ins Haus. Zweite Klasse buchen, erste Klasse fahren. Klang für mich irgendwie ziemlich verlockend. Man denkt ja immer, im Nachbarwagen sei das Paradies.
Gestern zur Heimfahrt habe ich das Upgrade dann endlich eingesetzt. 600 Kilometer Erstklassigkeit. Mann, was hatte ich mich darauf gefreut.
Die Realität sah dann allerdings eher so aus wie einige der Erstliga-Spielzeiten des HSV: Mittelmäßig bis enttäuschend.
Für all jene, die noch nie mit dem ICE in der ersten Klasse gefahren sind, hier die enttäuschende Realität:
Es gibt allen Gerüchten zum Trotz keine Whirlpools. Nicht einmal Palmen!!! Keine Höhensonne, keine Massage, keine halbnackten braungebrannten Jünglinge. Seufz. Und wieso zum Teufel, habe ich dann 2 Wochen vor der Zugfahrt nichts mehr gegessen, um die Bikini-Figur in Form zu bringen? Pah!
Es gibt kein All-you-can-eat-Buffet, dargereicht von Promi-Köchen. Um ehrlich zu sein… es gibt gar nichts zu essen, zumindest nicht, wenn man nicht dafür zahlt. Da wird man in er zweiten Klasse des ICE-Sprinter satter, da gibts wenigstens ein kleines Schokolädchen.
Es gibt keine Börsenkurse, obwohl die angekündigt wurden. Keine Tageszeitungen, obwohl ich die wirklich erwartet hatte. Auch hier siegt die zweite Klasse im ICE-Sprinter, da gibts immer die Berliner Zeitung oder die Welt am Sonntag.
Es gibt nichtmal einen schlechten, dünnen Kaffee umsonst. Geschweige denn, einen guten.
Was es auch nicht gibt, sind die schicken Ledersitze aus der Bahnwerbung für die Erste Klasse. Ich saß auf fiesem Polyester mit noch fieserem Muster.
Laptop-Steckdosen sind ebenfalls ein Gerücht. Kurz vor dem Ende von “Liebe braucht keine Ferien” (Süße RomCom, übrigens!) gingen meinem Schlepptop die Lichter aus – und ich weiß bis jetzt noch nicht, wer wen bekommt und ob alles Friede, Freude, Eierkuchen wird.
Und überhaupt, Schlepptop: Das Ausklapp-Tischchen, das jeder Sitz hat, war im Eimer. Es klappte zwar aus, hatte dann aber eine derartige Schieflage, daß ich mich dafür entschied, den Rechner lieber auf den Knien zu parken.
Obwohl ich einen Wagen mit verstärktem Handy-Empfang gebucht hatte, konnte ich nicht telefonieren. Selbst das Absetzen von einzelnen SMS war schwierig. So schlecht war mein Empfang auf dieser Strecke noch nie – und das, wo ich gerade gestern drngend hätte telefonieren müssen. Der Geschäftsmann hinter mir hatte ähnliche Probleme und fluchte wie ein Rohrspatz. Da fielen Schimpfworte, die selbst ich noch nicht kannte.
Fazit: Für den horrenden Preisunterschied von 124 Euro für die Strecke Berlin-Mannheim-Berlin zum Normalpreis in der ersten Klasse ohne Bahncard bekommt man: Nichts. Nada. Niente. Also nichts außer einem Aufenthalt im Räucherofen, denn die Raucherkabine in der ersten Klasse hat sinnvollerweise KEINE Tür, so daß der ganze Qualm schön rüber in den Nichtraucher-Großraum zieht. Yaaaay!
Im Preis inklusive ist nicht einmal die Ruhe vor dummen, kleinen Kreischekindern, denn man glaubt es kaum: Es gib Bonzenkinder, die fahren erste Klasse.
Manchmal ist Zweitklassigkeit wohl doch besser. Allerdings definitiv nicht beim Fußball!!