9. Feb. 2008
Ich mochte die Berlinale schon immer. Früher, bevor ich nach Berlin zog, war es ein Großereignis, das mir ständig in den Medien begegnete. Rauschende Parties, glanzvolle Filmpremieren und jede Menge Topstars – das fand ich schon irgendwie ziemlich faszinierend. So aus 600 Kilometern Entfernung.
Inzwischen bin ich Jahr für Jahr Teil des ganzen Trubels. Auch, wenn am Donnerstag mit “Shine A Light” und den Stones die Eröffnung statt fand, begann die Berlinale für mich erst heute. Ich hätte Donnerstag wirklich gern den neuen Scorsese gesehen und auf der Pressekonferenz einen Blick auf die Rock-Dinosaurier erhascht. Leider war das zeitlich nicht drin.
Der heutige Nachmittag hat das allerdings (Trotz des nutzlosen einseins des HSV in Leverkusen) wieder wett gemacht. Ich habe mir als erstes “Transsiberian” angeschaut, einen Thriller mit Kate Mara, Emily Mortimer, Thomas Kretschmann und Sir Ben Kingsley.
Der Film spielt auf der transsibirischen Eisenbahn und die Story ist wirklich gut. Okay, es gibt logische Hänger. Aber die Schauspieler und die filmische Umsetzung sind so gut, daß man das nur nebenbei wahrnimmt.
Es geht um Drogen, Mord, Sex und jede Menge Wodka. Während ich anfangs noch dachte “Wow, so ne Reise von Peking nach Moskau mit der Eisenbahn würde ich auch gern mal machen!” war ich mir zum Schluß dessen nicht mehr ganz so sicher. Schließlich weiß man nie, mit wem man die winzige Kabine teilen muß…
So wie das amerikanische Ehepaar Roy (Woody Harrelson) und Jessie (Emily Mortimer), die in China an einer kirchlichen Hilfsaktion beteiligt waren. Sie teilen ihre wenigen Quadratmeter Abteil mit Abby (Kate Mara) und deren Freund Carlos (Eduardo Noriega). Die vier kommen gut miteinander aus, sie erzählen sich kleine Geheimnisse, teilen sich einen Tisch im ebenfalls sehr engen Speisewagen – und trinken gemeinsam Wodka.
Nach einem Zwischenhalt, den Roy mit Carlos verbringt, und Abby mit Jessie, fehlt plötzlich jede Spur von Roy. Es hilft alles nichts – der Zug fährt ohne ihn weiter. Das Fehlen ihres Ehemanns soll allerdings bald Jessies geringstes Problem sein…
Brad Anderson, der Regisseur des Films, erzählt auf der anschließenden Pressekonferenz, daß er nach seinem Collegeabschluß 1988 selbst die siebentägige Reise von Peking über die Mongolai nach Moskau absolvierte. Dieser Trip hätte ihn zu “Transsiberian” inspiriert. Ich hoffe ja nicht, daß er auf dieser Zugfahrt auch nur ansatzweise das erlebte, was in den knapp zwei Stunden Film passiert.
Ebenfalls auf der Pressekonferenz war neben Eduardo Noriega und Thomas Kretschmann auch Sir Ben Kingsley. Mein erster echter Sir in Lebensgröße. ;-)
So präsent wie auf der Leinwand ist Sir Ben auch in Wirklichkeit. Er hat sie einfach, diese gewisse Ausstrahlung. Er schien ein wenig über allem zu stehen – vor allem über dummen Fragen von Journalisten. Mal ehrlich, wieso werden in jeder Pressekonferenz Fragen gestellt wie “Wie war es für Sie, mit Thomas Kretschmann zu arbeiten?” – wenn Thomas Kretschmann direkt neben Sir Ben am Mikrophon sitzt? Welche Antwort erwartet der Fragensteller in solchen Momenten… soll Sir Ben vom Leder ziehen? Oder heucheln, was es für ihn für eine Ehre gewesen sei? Also sorry…
Die Gegenfrage an Kretschmann beantwortete dieser mit einem einfachen “Awesome!” was Sir Ben mit einem Lächeln und der Nachfrage “Awful?” kommentierte.
Zum Abschluß ein Zitat aus dem Film, das gleichzeitig eine Zeile aus “Amazing” von Aerosmith ist – und allein das zeigt ja schon, daß der Film toll ist, oder? “Life’s a journey, not a destination”