5. Apr. 2010
Wenn es bei Bruno Labbadia irgendwann mal nicht mehr läuft mit dem Trainerjob – er kann immer noch Achterbahnfahrer werden. Diese schnellen Wechsel zwischen Auf und Ab, diese rasanten Talfahrten – das kann er.
Während am Donnerstag noch eine Mannschaft auf dem Feld stand, die Spaß machte, die tollen Fußball spielte, die fightete… war heute – nun ja. Auf dem Rummel nennt man das “Geisterbahn”.
Hannover 96 war zu Gast. Die mögen wir, da gibt es eine Fanfreundschaft, international finden sich manchmal auch Fans von H96 in der HSV-Gästekurve (Wie in Anderlecht, zusammen mit Fans von Celtic Glasgow und Arminia Bielefeld, aber das ist ne andere Geschichte…). Außerdem steht Hannover diese Saison ja eh unter Artenschutz. Irgendwie. Zumindest bei mir.
Seit dem Tod von Robert Enke und der anschließenden Talfahrt ins Bodenlose kann man (oder eher: ich) Hannover nicht wirklich böse sein. Ich hätte vor dem Spiel vielleicht sogar gesagt: Hier, nehmt, drei Punkte – aber bitte steigt nicht ab.
Jetzt war es dann aber so, daß uns Stuttgart und Frankfurt (Glückwunsch zum Sieg gegen Leverkusen!) am Arsch hängen… der HSV mußte handeln, brauchte drei Punkte, da muß dann auch die Fanfreundschaft mal ruhen, und irgendwie sogar das Mitleid.
…und genau da lag das Problem. “Wir brauchen diese drei Punkte”-Spiele kann der HSV nämlich echt super. Versemmeln. Zumal gegen Hannover 96. Die ja extrem gerne gegen den großen HSV gewinnen.
Ich konnte das Spiel nicht sehen, hatte auch keinen Radiokommentar, auf meinem Handy läuft selbst 90elf nicht. Alles, was ich hatte, war ein eher doofer Live-Ticker, den ich ständig von Hand aktualisieren mußte, und ab und an ein Blick in die Timeline.
Das reichte allerdings, um zu wissen: Ich verpasse nichts, wenn ich es nicht sehe. Es ist gruselig, was der HSV da zeigt.
Ich habe dann vorhin wenigstens Sportclub auf N3 geschaut. Da kamen in erster Linie die, nunja, Torchancen… und es war immer noch nicht dolle. Da will man echt nicht wissen, wie die 90 Minuten waren.
Der HSV verlor das Spiel nullnull, hat einen hauchdünnen Punkt Vorsprung auf Stuttgart und Frankfurt, zwei auf Wolfsburg – und gefühlte drölf Punkte Rückstand auf einen Europa-Pokal-Rang. Das macht echt Laune. Und zwar schlechte.
Einen Treffer gab es dennoch, wenn auch nach dem Spiel – Guerrero pfefferte einem Fan, der ihn bepöbelte, die Wasserflasche an den Kopf.
Rost, den ich sehr schätze, sagte im Interview, die Spieler müssten sich viel anhören, man dürfe sich als Fan nicht wundern, wenn es mal ne Reaktion gäbe.
O-Ton Rost “Hat er doch gut getroffen, die New York Yankees würden ihn wahrscheinlich gern verpflichten” (Video).
Puuuh. Ich seh das dann doch ne Ecke problematischer. Guerrero hat immerhin die so oft zitierte Vorbildfunktion. Und wenn ihn ein Fan beleidigt, dann soll er ihn im allergrößten Notfall zurück beleidigen. Aber handgreiflich werden? Geht in meinen Augen GAR nicht.
Ja, es werden seit zig Jahren Spieler mit Flaschen beworfen. Geht auch GAR nicht!! Und auch die Pfeifen, die heute zu hunderten die eigenen Spieler ausgepfiffen haben, würde ich gerne mal sprechen. Sowas verstehe ich nicht.
Dennoch bin ich der Meinung, daß sich Spieler, auch nach Beleidigungen, besser im Griff haben müssen. Falls das ein Problem ist, erteilt Uli Hoeneß da sicherlich gerne Nachhilfe-Seminare, wie man mit friedlichen Gedanken an Blümchen oder Meisterschalen solche Situationen übersteht.
Hätte Guerrero lieber auf dem Spielfeld getroffen – da hätten wir echt alle mehr von. Er auch. So bleibt einfach nur ein sehr bitterer Beigeschmack und jede Menge zusätzliche Unruhe, die wir wirklich nicht brauchen können. Denn jetzt sprechen alle von Guerreros Fehltritt – und nicht vom schlechten Spiel des HSV. Eine Aufmerksamkeitsverschiebung, die ich für gefährlich halte.
Fest steht jedenfalls:
Die Guerrero-Aktion war schon ein echter Lehmann. Nur ohne Hubschrauber…